Historischer 7“-Zeiss-Refraktor
Technische Daten
Hersteller | Carl Zeiss, Jena |
Baujahr | um 1911 |
Typ | Fraunhofer |
Öffnung | 7 Zoll (175mm) |
Brennweite | 2590 mm |
Vorgeschichte

(Bild: „40 Jahre Sternwarte Suttgart“, Schwäbische Sternwarte e.V. 1962)
Ursprünglich stand in der Hauptkuppel der Sternwarte ein noch älteres Teleskop.
1890 erstand der Industrielle Villeroy (Villeroy & Boch) in Paris eine Objektivlinse (Achromat, 8,8“=220mm Öffnung, 2820mm Brennweite) und baute sie in einen konischen Tubus aus Stahlblech ein.
1911 kaufte Prof. Anton Staus das Fernrohr von Villeroys Sohn und stellte es 1922 der Sternwarte Stuttgart zur Verfügung.
Anton Kutter beobachtete damit 1924 die Marsoppossition und bemerkte das bessere Bild gegenüber einem formal gleichwertigen Spiegelteleskop. Diese Erkenntnis führte schließlich zu seiner Entwicklung des Schiefspieglers.
Während des 2. Weltkrieges war das Teleskop ausgelagert. Durch Brandeinwirkung wurden die meisten Teile des Teleskops zerstört oder stark beschädigt.
Provisorisch wieder hergerichtet kehrte dieser "Villeroy-Refraktor" nach dem Krieg nur kurz wieder in die Hauptkuppel zurück, diente aber in umgebauten Zustand noch von 1971-1999 als Vorläufer des 16"-Newton-Teleskops auf der Terrasse als Beobachtungsgerät.
Geschichte des Zeiss-Teleskops

(Bild: „40 Jahre Sternwarte Suttgart“, Schwäbische Sternwarte e.V. 1962)
Heute steht in der großen Kuppe der Sternwarte ein historisches Teleskop der Firma Zeiss.
Dieser sogenannte "Eisemann-Refraktor" wurde vermutlich (fast alle Unterlagen bei Zeiss gingen im 2. Weltkrieg verloren) um 1911 gefertigt.
Der Fabrikant Ernst Eisemann aus Korntal erwarb dieses Teleskop. Er hatte mehrere Patente, insbesondere mit seinen Erfindungen zur Zündkerze, die er auch in seiner eigenen Fabrik fertigte, erlangte er einen gewissen Wohlstand. Für seine Villa in Korntal-Münchingen (dem ersten Haus mit elektrischer Beleuchtung am Ort) kaufte er sich das Zeiss-Teleskop. Als in den Zwischenkriegsjahren seine Firma in Schwierigkeiten geriet wurde sie schließlich in die Firma Bosch eingegliedert. Er selbst arbeitete noch eine Zeitlang für Bosch weiter. Es ist anzunehmen, dass er hier weitere Personen für die Astronomie begeistern konnte. So baute z.B. 1934 der führende Bosch-Mitarbeiter Hermann Fellmeth die heutige Universitätssternwarte Pfaffenwald.
Im Jahr 1948 - Ernst Eisemann war schon länger verstorben - stellte seine Tochter Auguste Kessler aus Wasseralfingen sein Zeiss-Teleskop der Sternwarte Stuttgart zur Verfügung. Zum 30-jährigen Jubiläum der Sternwarte stiftete sie es 1952 dem Verein.
Im Laufe der Jahre wurden unterschiedliche weitere Teleskope "huckepack" zum Zeiss-Teleskop montiert.
In den Jahren 1991/92 wurde dann das Teleskop mit großem Einsatz von Vereinsmitgliedern fachmännisch restauriert und im Wesentlichen in seinen jetzigen Zustand gebracht. Lediglich das H-alpha-Teleskop wurde 2011 durch ein deutlich leistungsfähigeres Modell ausgetauscht. Im Jahr 2011 konnte dann auch schließlich das 100-jährige Jubiläum des Zeiss-Teleskops mit einem großen Festakt gefeiert werden.
Nach einer Beschädigung durch Rauchgas durch den Brand der Sternwarte 2015 wurde das Teleskop zuletzt 2016/2017 durch die Firma 4H Jena umfassend gereinigt und restautiert.

Technik des Zeiss-Teleskops

Das Zeiss-Teleskop hat nicht nur eine sehr gute Optik (so dass es auch nach 100 Jahren Spaß macht, damit zu beobachten), es hat auch eine sehr beeindruckende Mechanik. Dank Gewichten, Fliehkraftregler und einer aufwändigen Untersetzung ist es selbstständig dazu in der Lage, die Erdrotation rein mechanisch auszugleichen. Allein für diese Technik lohnt sich ein Besuch auf der Sternwarte Stuttgart.
Meist werden die Beobachtungsobjekte am Zeiss "frei Hand" eingestellt, das Zeiss verfügt aber auch über gravierte Teilkreise sowie das speziell für das Zeiss-Teleskop entwickelte SkyPos-System, um mittels Koordinaten das Teleskop auf das gewünschte Himmelsobjekt auszurichten.
Parallel zum Hauptteleskop ist noch das original Leitrohr (zum leichteren Auffinden der Himmelsobjekte) montiert. Außerdem ist ein modernes H-alpha-Teleskop montiert. Mit seiner speziellen Filtertechnik kann man sicher die Sonne beobachten.
Beobachtungen am Zeiss-Teleskop
Trotz seiner reichen Geschichte sind wir Stolz darauf, dass unser denkmalgeschütztes Zeiss-Teleskop noch lange nichts fürs Museum ist, sondern als voll funktionierendes Teleskop auch noch nach über 100 Jahren jeden Abend das macht, wozu es gebaut wurde - Menschen den Sternenhimmel näher bringen.
Insbesondere für die Mondbeobachtung, für Planeten und für Doppelsterne ist es eine wertvolle Bereicherung jeder nächtlichen Führung. Zusätzlich ist es auch regelmäßig tagsüber bei Sonnenbeobachtungen (natürlich nur mit Spezialfilter) im Einsatz.
